Auf der Fahrt von Deutschland nach Schweden und immer weiter in den Norden, ist der Botaniker entzückt und jeder Pflanzeninteressierte beeindruckt. Die karge Schönheit der nordischen Landschaft, die jeder gleich vor Augen hat wenn er an Schweden denkt, ist auch eben das, was eine solche Reise für die Freunde der Flora, also der Pflanzenwelt Schwedens, so spannend macht.
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Schweden besteht zu etwa zehn Prozent aus Hochmooren, durchsetzt von Flüssen, Bächen, Seen, Tümpeln und Weihern. Und den so typischen runden Steinen, Felsen und Klippen. Ökosysteme die im Süden und Westen Europas selten sind. Es sind gar nicht viele Pflanzen, die sich hier so richtig wohlfühlen. Klima und Bodenbedingungen sind hart. Doch was hier gedeiht, tut das ungestört und üppig. Auf diese Weise findet man überall Blumen, Kräuter, Moose, Gräser und Flechten, die es in Deutschland nur in Naturschutzgebieten gibt die niemand betreten darf.
Wer sich bei der Kaffeepause am Straßenrand für Sonnentau und Fettkraut begeistert, der geht vom Entdeckergeist getrieben ein paar Schritte weiter und bemerkt sehr bald, dass er keinen Fuß auf den Boden setzen kann, ohne der Moosbeere auf die zarten Ausläufer und ihre wunderschönen, winzig kleinen Blüten zu treten. Porst und Gagelstrauch verströmen aromatische Düfte und goldgelbe Trollblumen sind so zahlreich, dass man versucht ist, sie zu pflücken.
Moosbeeren, Krähenbeeren, Ackerbeeren und Moltebeeren (Gold des Nordens) sind dem Reisenden oft nicht bekannt, sind aber wahre Leckerbissen. Ebenso wie Blaubeeren und Preiselbeeren, die auch der Schwede gerne erntet und eimerweise zu Saft und Marmelade verarbeitet.
Auch weniger auffällige Schönheiten entwickeln sich in Abgeschiedenheit und rauem Klima prächtig. Das Aufgebot an Gräsern und Flechten entgeht dem flüchtigen Blick, lockt aber sogar Experten in den hohen Norden. (Weitere Fotos findest du weiter unten.)
Ein Schwede, dem ich erzählte, dass das Gras in Schweden so toll sei, hat herzlich gelacht (Schweden hat eine sehr scharfe Drogenpolitik), musste aber zugeben, dass all die Süßgräser, Sauergräser und Binsen der Moore und Strände botanisch und auch ästhetisch sehr reizvoll sind.
An Wanderwegen und Ausflugszielen gibt es Infotafeln, die auch oft über die botanischen Sehenswürdigkeiten des Ortes informieren. Mitunter wird sogar an Wegrändern mit kleinen Schildchen auf Artenvielfalt aufmerksam gemacht. Zudem haben inzwischen fast alle, auch kleine Ortschaften, ein naturum (Wortspiel: natur rum = Naturzimmer) - eine kleine Ausstellung, die Neugier schürt und auf die lokalen Besonderheiten der Natur hinweist.
Wer mehr wissen will, hilft sich mit Büchern. Trotz der Fülle an seltenen Arten, ist die skandinavische Pflanzenwelt überschaubar. Die schwedische Flora (Bestimmungsbuch) ist gerade halb so dick, wie die für Deutschland (und das auch nur, weil sie auf sehr viel dickerem Papier gedruckt wurde). Wer mit den Fachbüchern vertraut ist, wird auch im Norden mit den Schmeil/Fitschen* oder Rotmahler* selten an die Grenzen stoßen. Das schwedische Gegenstück ist Krok/Almquist.
Wirklich schön ist „Den nya nordiska floran“* von Mossberg/Stenberg. Der Schinken ist mit über 900 Seiten und geschätzten zwei Kilo Gewicht ein echtes Gepäckstück. Doch die wunderschönen Bilder, vereint mit einem Bestimmungsschlüssel, machen das Buch zu einem Favoriten. Sowohl bei Experten als auch Laien. Wer des Schwedischen ein wenig mächtig ist, hat an diesem Buch viel Freude. Ein wenig problematisch ist die Nomenklatur (Namensgebung) der Pflanzen, da man in Schweden das von Linné gebrauchte System weitgehend beibehält und in anderen Ländern entsprechen neuer Erkenntnisse die lateinischen Pflanzennamen ändert.
Aber auch ganz ohne Buch und Bildung kommt man hier auf seine Kosten. Wer einfach nur den Duft des sonnendurchfluteten Kiefernwaldes genießt, über die wogenden Meere von Wollgras staunt, oder an seiner smultronställe (schwedisch: Walderdbeerstelle, gemeint ist ein heimliches Lieblingsplätzchen), den Flug des Adlers, den Charme des Fischotters, oder die Schönheit des Fieberklees bewundert, hat den Kern der Sache schon gefunden.
Selbst Orchideen wachsen in Schweden zu Hauf einfach am Wegrand...
Du musst nur genau hinschauen, um sie zu entdecken ;-)
Welche Pflanzen findest du in Schweden besonders spannend? Haben es dir die zarten Gräser, die hübschen Blumen oder gar die nordischen Baumarten angetan? Wir freuen uns über Kommentare!
Text und Fotos: Arne Gerken
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