Das Jedermannsrecht in Schweden

Titelbild "Das Jedermannsrecht in Schweden"

 

Camping in Schweden, Beerenpflücken, Wandern, Angeln...

 

Schweden zieht vor allem Outdoor Liebhaber an. Das ist auch kein Wunder: Gibt es doch so viel zu entdecken und zu erleben. In Schweden möchte man der Natur so nah wie möglich sein, zelten, wandern, angeln und am Feuer sitzen.

  

Schwedens Natur erleben

 

Viele Besucher glauben, dass ihnen das schwedische allemansrätten das Recht gibt, in Schwedens Natur zu tun und zu lassen was sie möchten. Dass sie sich dadurch uneingeschränkt überall hin bewegen dürften.

 

Das ist nicht so. Jedenfalls nicht ganz.

 

Fragt man einen Schweden, was ihn am Verhalten von ausländischen Touristen am meisten stört, so ist die Antwort häufig, dass das allemansrätten falsch verstanden und ausgenutzt würde. Selten mit böser Absicht, meistens schlicht durch Unkenntnis bedingt. Um nicht allzu negativ aufzufallen und sich einigermaßen korrekt zu verhalten, sollte man über einige Dinge informiert sein. Das wichtigste ist: Nicht stören und nicht zerstören.

 

Was ist das Jedermannsrecht überhaupt?

Rosa Blümchen auf Steinen

 

Auf Deutsch nennen wir das allemansrätt "Jedermannsrecht" auf englisch heißt es the right of public access.

 

Dessen Geschichte begann bereits im Mittelalter, als jeder das (unausgesprochene) Recht hatte, sich draußen frei zu bewegen und sich zur Selbstversorgung Nahrung aus der Natur zu nehmen. Der Begriff „allemansrätten“ entstand erst in den 1940iger Jahren und wurde 1994 ins schwedische Grundgesetz aufgenommen.

 

Es handelt sich beim Jedermannsrecht nicht um ein wirklich geltendes Gesetz oder Rechte, sondern vielmehr um eine Sammlung von Erlaubnissen mit Einschränkungen. Durch diese wird allen, Einwohner wie Besucher, der Zugang zur Natur besonders leicht gemacht.

 

Das Jedermannsrecht gilt in allen nordischen Ländern, außer in Dänemark. Dass es in der Schweiz, sowie in Schottland ähnliche Regelungen gibt, wissen viele nicht.

 

Es gibt einige Missverständnisse rund um das Thema, weswegen wir das auflisten, was man darf und in welchem Umfang. Denn wir denken, dass man diese doch sehr großzügige Regelung durchaus nutzen sollte, jedoch ohne sie auszunutzen und anderen dabei auf die Füße zu treten.

 

Was erlaubt mir das Jedermannsrecht, und was gibts zu beachten?

 

Die folgenden Punkte sind im Allgemeinen gültig. Im Speziellen gibt es natürlich Ausnahmen, Verbote (Verbotsschilder beachten!), und manchmal auch einfach den gesunden Menschenverstand...

Ich darf mich frei in der Natur bewegen.

Beitrag zum Jedermannsrecht in Schweden

 

Zu Fuß, auf Skiern, mit dem Rad oder auf einem Pferd brauche ich keine Genehmigung, selbst auf privatem Grundbesitz. Der Hund darf mit. Allerdings muss er von März bis August draußen an die Leine. Mit dem Auto ist es verboten auf Privatwegen zu fahren, wenn diese als solche gekennzeichnet sind. An Wohnhäuser und als Garten genutzte Flächen darf ich nicht zu nah heran. Das kann als Hausfriedensbruch geahndet werden. Und wenn ich Schranken oder Gatter öffne, um meinem Weg weiter folgen zu können, muss ich diese wieder schließen. Selbst wenn keine Tiere zu sehen sind, heißt dass nicht, dass sie nicht doch irgendwo auf der Weide umherstreunen, oder aber durch das Gatter vor anderen Tieren geschützt werden.

Ich darf eine Nacht in der Natur zelten oder im Auto schlafen.

 

Ja. Jedoch nicht auf Nutzflächen oder in Sichtweite eines bewohnten Hauses. Wenn ich im Auto oder Wohnwagen schlafen will, muss ich das an öffentlichen Orten, zum Beispiel auf Rastplätzen tun (da das Überhand nimmt, gibt es allerdings an manchen Orten Verbotsschilder!). Es gilt, nicht länger als einen oder zwei Tage am gleichen Ort zu bleiben. Das längere Verweilen ist nur in sehr dünn besiedelten Regionen gestattet. Ins freie Gelände darf ich zum Übernachten auf Rädern nicht. Aber mit einem Zelt kann ich auch im Wald oder am Strand schlafen. Eine Ausnahme bilden hier Nationalparks, in denen das Camping in Schweden grundsätzlich verboten ist. (Häufig gibt es aber ausgewiesene Plätze, wo das Zelten doch erlaubt ist!)


Wir sind in Schweden häufig zu Fuß und mit Zelt unterwegs.

Und weil wir so happy mit unserem Zelt sind, haben wir dazu einen ausführlichen Bericht geschrieben: Das Marmot Tungsten im Langzeit Test


Ich darf Blumen, Beeren und Pilze pflücken.

Blumenstrauß Schweden, Jedermannsrecht

 

Sofern diese sich nicht auf einem privaten Grundstück befinden (natürlich schließt das auch Häuser ein, die nicht das ganze Jahr über bewohnt sind) oder unter Naturschutz stehen. Auf stark verwilderten oder eindeutig verlassenen Grundstücken darf ich auch Baumobst pflücken. Aber immer in angemessenen Mengen und nur zum Eigengebrauch. Das Pflücken von Nüssen und Eicheln ist verboten.

 

Noch mehr zum Thema Beerenpflücken in Schweden:

Auf Beerenjagd in Schweden (Teil 1)

Die Schattenseite des Beerenpflückens (Teil 2)

Blaubeeren in Schweden
Schwedische Moosbeeren

Ich darf draussen Feuer machen.

 

Mit einigen Einschränkungen: Nicht erlaubt ist ein Feuer auf Klippen und Felsen (da diese bersten können), auf moosigem oder Torfboden und im Wald. Manchmal ist wegen Ausbreitungsgefahr das Feuermachen offiziell verboten. Häufig zwischen Mai und Oktober.

 
Als sichere Bedingungen gelten Sand- und Kiesböden und natürlich die dafür vorgesehenen Feuerstellen, Grillplätze und -hütten. Und von diesen gibt es wirklich viele. Häufig sind sie mit Rost und Brennholz ausgestattet. Es ist nicht erlaubt das Holz von lebenden Bäumen zu benutzen. Aber was sich auf dem Boden finden lässt darf verbrannt werden. Zum Beispiel abgebrochene Zweige, Rinde oder Treibholz.

Ich darf mit dem Boot fast überall fahren, die Strände benutzen und auch eine Nacht im Boot verbringen.

Mitternachtssonne in Schweden, Frau auf Segelboot aus Holz, Weiße Nächte in Skandinavien

 

Hier gilt, wie sonst auch: Das darf ich solange ich dadurch keine Grundstücksbesitzer in der Nähe störe oder einschränke. Aber selbst an privaten Stegen darf ich eine Nacht anlegen, schlafen und an Land gehen, was zum Beispiel in schwierigen Situationen eine tolle Regel ist.

Ich darf Bootsstege zum Angeln benutzen, wenn diese außerhalb eines Privatgrundstücks liegen.

 

Für Seen und Flüsse braucht man dazu allerdings eine Genehmigung. Diese heißt fiskekort und kann an ausgewiesenen Orten in der Nähe gekauft werden. Häufig sind das Touristenbüros oder Tankstellen und manchmal sogar Privathäuser.

 

Entlang der Küste und in den fünf größten Seen Schwedens ist das Angeln zwar ohne Genehmigung erlaubt, aber mit gewissen Einschränkungen. Diese können zum Beispiel Schonzeiten und Mindestgrößen betreffen. Schau- und Informationstafeln zeigen das direkt vor Ort (mehrsprachig) an.

Was sollte ich sonst noch wissen?

 

Abfall

Es sollten möglichst keine Spuren zurückbleiben. Das gilt vor allem für Müll. Alles muss mitgenommen und entsprechend entsorgt werden. Ist ein Mülleimer voll, stellt euren Abfall nicht daneben. Tiere vergehen sich daran und es besteht Verletzungsgefahr.

 

Schäden

Egal was man macht, es dürfen dabei keine Schäden entstehen. Kein Verhalten darf zum Schaden von Tieren, Pflanzen oder fremdem Eigentum führen.

 

Fazit zum allemansrätten

Elch, Schweden

 

Anhand der Liste und der Beschreibungen sieht man, wie wichtig es in Schweden ist, den Privatbesitz und die Privatsphäre zu respektieren. Tatsächlich wird schon das Hineinschauen in Fenster als sehr störend empfunden. Aus diesem Grund gibt es in fast allen Fenstern Lampen: Denn das Licht direkt vorne an der Scheibe macht es schwieriger zu sehen, was dahinter vor sich geht.


Als Besucher sollte man sich also bemühen, den Bewohnern des Landes (ob Mensch oder Tier) nicht „auf die Füße zu treten“ und deren Privatsphäre respektieren. Es dauert auch nicht viel länger, sich einmal mehr umzuschauen, bevor man sein Zelt aufbaut, sein Auto für die Nacht parkt oder den Mittagssnack pflückt.


Die oben genannten Punkte sind nicht schwer einzuhalten. Und wenn man sie doch etwas anders auslegt oder ausdehnt, ist das selten ein Problem. Solange dabei mit ein bisschen gesundem Menschenverstand vorgegangen wird. In Schweden wird dieser übrigens als gesunder Bauernverstand bezeichnet: Sund bondförnuft.

 

Mit diesen Informationen im Hinterkopf steht dem "so richtig querfeldein unterwegs sein" in Schwedens Natur eigentlich nichts mehr im Weg!

 

Enjoy! :-)

Offizielle Informationen findest du auch beim Naturvårdsverket: Das darf man. Und auch die Initiative Håll Sverige rent - Halt Schweden sauber, hat das Thema aufbereitet.

 

Bildquelle: www.hsr.se
Bildquelle: www.hsr.se

Und wenn du dich fragst, was du an Ausrüstung für einen Outdoor- oder Trekkingurlaub in Schweden brauchst, schau mal hier:

Danke fürs Lesen!

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