Spuren

 

Spurschnee. - So nennt man auf schwedisch den hauchdünnen Neuschnee in dem alle frischen Spuren deutlich und unverfälscht zu sehen sind. Man ist direkt am Geschehen, was man sieht ist aktuell, der Schnee ist neu und was vorher da war, ist verdeckt. Es ist leicht die Spuren zu lesen. Das freut den Jäger und den interessierten Spaziergänger. Immer und überall hinterlassen wir Spuren. Unbewusst, wissend oder absichtlich. Und je unverfälschter die Spuren sind, desto mehr berichten sie dem der sie findet.

 


 

Als Kind war ich sehr beeindruckt von einer Erzählung, da man ein Stück Land betrat, das ganz offensichtlich schon lange kein Mensch betreten hatte. Solche Orte haben eine ganz besondere Magie. Es ist als trete man durch ein Zeitfenster.

 


 

Bis dahin war meine beste eigene Erfahrung unbetretenen Landes der Dachboden unserer Scheune. - Einsturzgefahr! Der durfte nicht betreten werden. Was wohl auch für uns Kinder der einzige Grund war, uns da umzusehen. Dort gab es die Hinterlassenschaften von Jahrhunderten, die seit vielen Jahren niemand berührt hatte. Wir fanden keinen Reichtum und keine Schätze, doch die Zeugnisse und Zeichen von Menschen, denen wir persönlich nie begegnet waren. 

- Es gab große Haufen gehorteter Dinge aus der Zeit der Inflation, als alles mehr wert war als Geld; - wirklich alles! Wir fanden Lehrbücher deren Inhalt schon veraltet war, als der Staub ihre Titel verhüllte. Wir fanden handgemachte Dinge der selbstversorgenden Hippie-WG, die hier einmal gewohnt hatte. Und eine Kanonenkugel aus dem Dreissigjährigen Krieg. - Das Haus ist sehr alt, es hat viele Geschichten erlebt.
 

 

Und genau das ist wohl auch das spannende an Spuren. Es wird der kleinste Teil einer Geschichte erzählt, es wird ein klein wenig Information geteilt und alles andere ist der Neugier, Phantasie oder Gleichgültigkeit des Betrachters überlassen…

 

Das führt zu atemberaubenden Geschichten, ergreifenden Ideen, Essen auf dem Tisch, umwerfenden Forschungsergebnissen, einem müden Lächeln oder auch gar nichts.

 

Spuren sind wie ein Erbe, das ihrem Entdecker in die Hand gelegt wird. Und dessen sollten wir uns bewusst sein, denn diese Spuren können sehr erfreuen. Oder eben auch nicht.

 

Text: Arne Gerken

Fotos: Arne Gerken und Rike Jütte

Danke fürs Lesen!

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