Ein Samstag Morgen im Oktober. Kurz nach 9 Uhr. Der Himmel strahlend blau. Kaum Wind. Die Temperaturanzeige stand auf Null. Winterlich in Schweden.
Wir waren am Hafen.
Mit uns viele andere - Geschäftiges Treiben.
Es war so voll, wie schon seit Wochen nicht mehr. Überall wurde herumgeräumt, geschweißt, gebohrt, gesägt. Gestelle wurden zurechtgerückt, Bootwagen durch die Gegend geschoben.
Es herrschte Betrieb im Patholmsvikens Båtklubb.
Wie immer im Mai/Juni und September/Oktober. Denn das sind die Monate in denen die Boote entweder ins oder aus dem Wasser kommen.
Auch Kaja muss raus und für den Winter fertig gemacht werden.
Der Mast, der Kran, die Maus
Die letzten Tage haben wir mit Vorbereitungen verbracht. Erst wurde das Boot aufgeräumt und alles was nicht mehr benötigt wurde an Land gebracht. Dann haben wir das Großsegel heruntergenommen, alle Leinen gelöst und abmontiert. Schließlich nahmen wir den Baum herunter.
Spät abends machten wir uns mit Kaja auf den Weg zum Mastkran.
Eine kleine Hafenmaus beobachtete vom Steg aus jeden unserer Schritte:
Wie wir am Boot die Wanten von den Püttings lösten und sie am Mast festmachten, damit die starken Drahtseile, die sonst den Mast „in place“ halten nicht gefährlich durch die Luft schwingen konnten.
Wie die Schlinge um den Mast gelegt und langsam hochgezogen wurde, bis sie oben unter den Salingen ihren Platz fand.
Wie Arne die kleinen Holzstücke, die den Mast den Sommer über stärken herausnahm.
Wie ich, den Schalter in der Hand, den Kran in Bewegung setzte.
Wie der 11m lange und ca. 100kg schwere Mast schließlich langsam und vorsichtig aus dem Boot gezogen und dabei von Arne und Viktor gesichert wurde.
Da wir zu dritt waren, hat alles gut geklappt und schließlich lag der Mast auf zwei Böcken. Unser weiteres Tun interessierte die kleine Maus nicht weiter. Sie zog sich in ihr Steinlabyrinth
zurück und ließ uns in Ruhe weiterwerkeln.
Wir zogen die Salingen aus dem Mast, sortierten alle Wanten und Stagen und machten sie ordentlich fest. Schließlich trugen wir den Mast mit vereinten Kräften zum Mastgestell.
Dann folgte die Rückfahrt zum Liegeplatz. Kaja hatte ihre vorletzte Fahrt des Jahres angetreten.
Ein Boot an Land
Kajas letzte Fahrt des Jahres war dann nur eine kurze: Es ging vom Sommerliegeplatz zum Steg. Dort wartete schon der monströse Gabelstapler, der sie aus dem Wasser heben und zu ihrem Platz bringen sollte.
Arne legte am Steg an und befestigte, mit Hilfe des schönen, aus einem Stück gearbeiteten, Bootshakens, zwei Schlingen um Kajas Rumpf.
Dann gings schon los. Das enorme Gerät von Gabelstapler setzte sich in Bewegung: Er hob Kaja aus dem Wasser.
Galant schwebte sie im Sonnenschein über den Boden hinweg: In Richtung ihres Winter-Zuhauses an Land.
Dort angekommen, wurde sie in Millimeterarbeit in das Gestell hinabgelassen.
Bevor der Truck zurück zum Steg fuhr, wo schon die nächste Yacht darauf wartete an Land gehoben zu werden, wurden nur noch die Schlingen entfernt.
Das Ganze hat keine 15 Minuten gedauert.
So steht Kaja tropfend und dampfend an dem Platz, den sie die nächsten Monate nicht verlassen wird.
Arne bringt einige Bretter an, damit sie stabil steht und reicht mir die letzten Gegenstände vom Boot: Ein paar Seile, die Fender und weiterer Kleinkram. Schließlich bauen wir den Motor ab.
Kaja bekommt ein letztes Salzwasser-Peeling mit starken Bürsten verpasst. Dann schließen wir den Schlauch an und spritzen die Reste des Sommers ab.
Sie darf noch einige Tage unabgedeckt stehen und das schöne Wetter genießen, bevor sie ihre blaue Winterplane übergestülpt bekommt.
Unter dieser herrscht ganz mystisches Licht. Und unter ihr hält Kaja dann ihren Winterschlaf. Vom nächsten Segel-Sommer träumend.
Text: Rike Jütte
Fotos: Arne Gerken und Rike Jütte
Danke fürs Lesen!
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