Das Malye Korely - Малые Корелы (auch Malye Karely, Malyje Korely) heißt übersetzt „Klein Karelien“. Es handelt sich dabei um ein Freilichtmuseum zum Thema Holzarchitektur und Volkskunst des
Nordens Russlands. Die Originalgebäude aus dem 16.-19. Jahrhundert, die hier in den 1970igern in authentischer Umgebung wieder aufgebaut wurden, dienten schon häufig als Kulisse bei
internationalen Filmdreharbeiten. Das Outdoor Museum zählt zu den Hauptattraktionen Nordrusslands.
Nach sechs Tagen auf See - im Zuge unseres Segeltrips von Norwegen nach Russland, waren wir froh, wieder Land
zum Laufen unter den Füßen zu haben. Wir verbrachten schöne Stunden im Museumsdorf, in die Atmosphäre des alten Russlands eintauchend. Beim Betrachten der ca. 120 Denkmäler in Form von Kirchen,
Kapellen, Landhäusern, Bädern, Windmühlen, Brunnen und Scheunen, störten uns lediglich Moskitos.
Lage
Malye Korely liegt etwa 25 Kilometer südöstlich von Arkangelsk, nahe dem (gleichnamigen) Dorf Malyje Korely.
Alle 20-30 min fahren kleine Busse von Arkangelsk zum Freilichtmuseum (Nummer 104 vom Bahnhof und Nummer 108 von der Zentralen Bus Station). Die Fahrt dauert ungefähr 45 Minuten und ist, den
Straßenverhältnissen sei Dank, sehr abenteuerlich.
Auf der Hin- und Rückfahrt kommt man an vielen Holzhäuser mit typisch russischer Bauweise vorbei. Sie sind natürlich neuer als die im Museum, viele von ihnen aber in weit schlechterem Zustand. Es ist spannend die alten und neueren Bauweisen zu vergleichen!
Das Malye Korely - Ein Freilichtmuseum
Malye Korely, das Staatliche Museum für Holzbau- und Volkskunst der nördlichen Gebiete Russlands, zeigt auf fast 140 Hektar Fläche etwa 120 hölzerne Bauwerke.
Die zentrale Idee: Das Schaffen einer geistigen Brücke zwischen der modernen und der alten Welt, das Erhalten von Kulturdenkmälern des russischen Nordens und die Würdigung deren Schönheit.
Alle Exponate wurden an ihren Originalstandorten abgebaut und im Museum wieder errichtet. Das Outdoor Museum wurde am 1. Juni 1973 für Besucher geöffnet und ist seit 1983 Mitglied des Verbandes
der europäischen Freilichtmuseen.
Für mich war Malye Korely nach dem Museumsdorf Hägnan in Schweden, der zweite Freilichtmuseumsbesuch des Jahres.
Aufbau und Organisation
Das Museum ist in vier Bereiche eingeteilt (auf dem Bild durch rote Linien gekennzeichnet). Diese sortieren die Gebäude nach ihrem ursprünglichen, geographischen Standort.
Jeder Bereich zeigt die typische Architektur und Merkmale der Dorfstruktur einer historischen Siedlung. Die ältesten Bauwerke sind aus dem 16. Jahrhundert (z. B. der Glockenturm aus dem Dorf Kuliga-Drakowanowo).
Die Gebäude haben Namens- und Informationstafeln. Die Namen werden auch in Englisch angegeben. Alles andere ist kyrillisch. Auch die Mitarbeiter des Museums sprechen kaum eine andere Sprache, weshalb es sinnig ist, einen Russisch-Versteher dabei zu haben. Ohne gehen viele Informationen flöten.
Alle Gebäude in die man hineingehen darf, haben Personal. Die meisten sind Frauen mittleren Alters in Kleidung, die dem jeweils besichtigten Gebäude entspricht. Auch sie wissen einiges zu berichten. Aber eben nur auf russisch.
Die Bereiche
Die vier Bereiche in die sich das Malye Korely Museum aufteilt:
Kargopol-Onega
Nördliche Dwina
Mesen
Pinega.
Zwei weitere Teilbereiche befinden sich im Planungs- und Baustadium: Pomorje und Waga.
Der Ein- und Ausgang ist im Kargopol-Onega Sektor. Um in die anderen drei Bereiche zu gelangen, wird nördlich vom Glockenturm der Himmelfahrtskirche ein Weg genommen, der auf Holzplanken und Treppen durch das Flussbett führt.
Der Kargopol-Onega Bereich
Der Eingangsbereich befindet sich im Kargolopsko-Onezhsky Sektor. An Windmühlen vorbei (die größte von ihnen kann von innen besichtigt werden) fällt der Blick auf die imposante Himmelfahrtskirche (Wosnessenskaja zerkow, Вознесенская церковь) von 1669 mit ihren hölzernen Domen. Sie stammt aus dem Dorf Kuschereka und ist eines der bekanntesten Beispiele kubusförmiger Kirchenbauten mit rechteckiger Verkleidung. Den Mittelpunkt des Kargolopsko-Onezhsky Bereiches bildet der Glockenturm von 1854.
Der Himmelfahrtskirche gegenüber stehen Tretyakov- und Pukhov-Haus aus dem 19. Jahrhundert. In diesen kann typische Einrichtung und Möblierung bestaunt werden. Nahe bei ist auch die kleine Kapelle des Propheten Elias (18. Jhd.).
Der Bereich der nördlichen Dwina
Der dorfähnliche Dvinskoy Bereich besteht hauptsächlich aus den Häusern wohlhabender russischer Bauern. Diese ordnen sich im Halbkreis um das Herzstück:
Die enorme St. George’s Kirche (Georgijewskaja zerkow, Георгиевская церковь). Sie stammt aus dem Jahre 1672 und der Provinz Wologda.
Der Pinega Bereich
Im Pinezhsky Bereich gibt es drei größe Höfe mit umliegenden Gebäuden und eine typische Blockhütte ärmerer Bauern. Außerdem eine Jagdhütte und, ganz hinten, die kleine Kapelle der heiligen Dreifaltigkeit aus dem 18. Jahrhundert. Hier lohnt sich vor allem der Besuch der Schwarzen Hütten (chyornye izby). Sie heißen so, weil sie keinen Schornstein haben und somit die Wände vom Ruß geschwärzt sind.
Der Mesen Bereich
Im Mezensky Bereich dreht sich vieles um Jagd und Fischerei, denn diese waren die Lebensgrundlage der Mezensky Bevölkerung.
Von hier gibt es einen tollen Ausblick über das Flusstal!
Gebäude im Malye Korely
Das Museum Malye Korely bildet die Besonderheiten der Kultur des russischen Nordens ab. Vor allem die bäuerliche Architektur. Häufig findet sich die Kombination der Bereiche für Menschen und Tiere unter einem Dach.
Es werden hauptsächlich Höfe wohlhabender Bauern gezeigt, aber auch einige kleinere sind zu finden.
Damalige Zimmerleute bauten Kirchen, Hütten, Herren- und Bauernhäuser mit nicht viel mehr als einer Axt. Selten nutzten sie Entwürfe, sie hielten sich stattdessen an ihre Erfahrungen.
Schnitzerei und Farbe
Während einige der Gebäude einfach und ihrem Nutzen entsprechend gebaut wurden, gibt es andere mit vielen Details. Fenster, Türen und Stützen wurden reich mit Schnitzereien bedacht und an einigen Häusern wurden farbliche Akzente gesetzt.
Blick hinein
In viele Gebäude konnten wir entweder hineinschauen oder hineingehen. Einige sind dem Originalzustand nach eingerichtet und andere zeigen Ausstellungen und Sammlungen, die vom Leben und der Kultur des russischen Nordens erzählen.
Die Sammlung besteht aus zehn Kollektionen:
"Holz"
"Metal"
"Leder, Textilien und Pelze"
"Horn und Knochen"
"Keramik und Glas"
"Bücher und Dokumente"
"Alte russische Malerei"
"Malerei und Grafik"
"Photographie"
"Sonstiges"
Viele Sammlungen haben die tägliche Arbeit der Zeit als Thema. Es gibt Angel- und Jagdbedarf, Gerber-, Töpfer- und Böttcherutensilien und natürlich Zimmerei- und Schreinereiwerkzeuge zu betrachten. Allein die Sammlung "Metall" besteht aus über 3500 Einzelteilen.
Neben all den Möbel-, Kleidungs-, Malerei- und Geschirrsammlungen gibt es auch Ausstellungen zum Thema Fortbewegung: Schlitten, Wagen und natürlich Boote.
Fazit oder so.
Wer mich kennt, kennt mein Hütten-Faible. Kleine, alte, zerfallene Gebäude... Die gefallen mir. Ich stell mir vor, was darin passierte, wer dort lebte und wie.
Das im Hinterkopf macht klar, dass der Besuch des Museumsdorfes Malye Korely für mich ein Highlight der Zeit in Russland war. Und das nicht nur, weil es sich dabei um den ersten größeren "Landausflug" nach einer Woche auf See handelte: Das Wetter war grandios, das Gelände wunderschön und die Häuser und Ausstellungen mit all ihrem Drum-und-drin wahnsinnig interessant. Mir und dem Rest der Segelcrew hats in Russland auch an Land gefallen!
Text: Rike Jütte
Fotos: Arne Gerken und Rike Jütte
Ich habe Russland im Zuge des Segeltrips 2015 besucht. Hier findest du weitere Beiträge:
- Segeltrip 2015: Zusammenfassung der Skandinavien Umsegelung
- Das Weiße Meer, die Solowetzkis und der Heimweg über Finnland nach Schweden
- In Kem
- Depopulation meets Streetart
Danke fürs Lesen!
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