Endlich wird es farbiger hier. Und ich meine nicht die Sonnenuntergänge, die sind auch im Winter schön! Ich meine die Pflanzenwelt: Schweden erwacht! Das Grün ist nicht mehr nur ein Abklatsch seiner selbst, sondern ein sattes, saftiges Grün. Hinzu kommen Gelb (unzählige Löwenzahnblüten säumen die Straßen und Wiesen), Blau, Weiß und Lila. Fast schleicht sich bei mir der Gedanke ein, dass hier doch noch irgendwann Sommer werden könnte. Jedenfalls machen wir uns auf den Weg, um herauszufinden, was sich da so farbenfroh aus der Erde schiebt und sich Flora Schwedens nennt.
Am Bach entlang
Tagsüber ist es häufig noch kalt und windig. Manchmal regnerisch und biestig. Aber Abends wird es schön. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und die Vögel liefern sich lautstark Wortgefechte.
Und weil es abends draussen so schön ist, gehen wir auf Safari. Nicht auf Elch-Safari (die sieht man immer nur wenn grad keine Kamera zur Hand ist, oder man das Auto nicht stoppen kann), nein,
auf Pflanzen-Safari.
Es ist fast Elf. Unser Weg führt uns an einem kleinen Bach entlang. Darin spiegelt sich der Sonnenuntergang mit all seinen Rot-Facetten.
Ab und an wechseln wir die Seiten, um bessere Sicht zu haben. Das Bächlein fließt ganz gemächlich nebenher, während wir, mit auf den Boden gerichteten Blicken, an ihm entlang spazieren.
Die ersten Fundstücke
Endlich finden wir was Farbiges! Naja, weiß eigentlich. Kleine Siebensterne! Sie heißen so, wegen der sieben wießen Blütenblätter die sie tragen. Ihre Stängel werden bis zu 25cm
lang und sie bevorzugen moosreiche Laub- und Nadelwälder. Von ihnen gibt es viele hier im Norden, sie sind weitverbreitet.
Nicht wirklich bunt, aber doch schön anzusehen, sind die Hahnenfuß-Gewächse an denen wir vorbeikommen. Es gibt circa 600 verschieden Arten und diese wachsen überall auf der Welt
(außer in der Antarktis). Hahnenfuß wird, wohl auch wegen der giftigen Inhaltsstoffe, als Unkraut bezeichnet.
Obwohl alles genauestens untersucht wird, finden wir nicht zu allen gefundenen Pflanzen die Namen heraus. Vor allem die gelben machen es uns schwer. Es gibt so viele verschiedene und sie sehen
sich recht ähnlich.
Dieser süße, grün rosa Zwergstrauch trägt den schönen Namen Andromeda polifolia. Das klingt viel schöner als Rosmarinheide oder Polei-Gränke. Sie trägt
den Namen, wegen der Ähnlichkeit ihrer Blätter zu denen Rosmarins. Die polifolia ist immergrün, ausdauernd und trägt hängende, glockenblumenartige Blüten. Sie bevorzugt Heide und
Hochmoor als Standort, weswegen sie in Deutschland in Bayern und Baden-Württemberg und in norddeutschen Moorgebieten zu finden ist.
Die Nähe zum Bach, lässt uns hauptsächlich auf Moor- und Sumpfboden mögende Pflanzen treffen. 3-10 cm kleine Sumpf-Veilchen säumen mit ihren zart-lila Blüten unseren Weg. Sie
blühen von Mai bis Juni. Im Gegensatz zu Hahnenfuß und Rosmarinheide, wird dem Sumpf-Veilchen medizinischer Nutzen nachgesagt.
Mir gefallen vor allem die Sumpfdotterblumen, die sich zuhauf aus dem Wasser schieben. Jede Blüte trägt fünf strahlend gelbe Blütenblütter mit zahlreichen Staubblättern innen.
Sie fangen im März an zu blühen und halten ihre Blüten, je nach Region, bis April oder Juni. Auch die Sumpfdotterblume gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse. Sie sind schwachgiftig und werden
von Weidevieh gemieden. Kochen reduziert die Giftigkeit, weshalb sie zum Teil als Nahrungsmittel verwendet wird.
Mittlerweile ist es nach Zwölf. Aber das ist egal, es ist ja hell. Meine Turnschuhe sind völlig durchnässt und unser Weg führt uns von Fieberklee und Bach fort, weiter
durch den Wald, hin zu unserem großen "Stadt-See", dem Nydala.
Orchideen am Nydala
Am verschlafen daliegenden Nydala erwartet uns ein atemberaubender Himmel (siehe ganz oben). Außerdem finden wir neben einem Boot, aus dem dringend mal jemand das Wasser heraus lassen sollte,
Orchideen. Von wegen die gäbs nur im Süden Schwedens! Ganz unscheinbar und klein schieben sie sich aus der Erde. Mit ihren schwarzgesprenkelten Blättern. Vielleicht
Dactylorhiza maculata, Geflecktes Knabenkraut? Wir müssen wohl ab und an zurückkommen, um zu schauen, wie die Blüten aussehen...
Fleischfresser
Wir finden fleischfressende Pflanzen, gleich in zwei Ausführungen. Den Rundblättrigen
Sonnentau, Drosera rotundifolia seht ihr oben und unten auf den beiden Fotos links. Die als Einzelpflanze wachsende rotundifolia hat Fang-Blätter mit einem
Durchmesser von 10-15mm. Die Stängel sind nur 1-5cm lang. Nichts zum Angst bekommen. Noch ist keine Blütezeit, die kommt von Juli bis August. Dann trägt die Kleine 3 bis 8 weiße Blüten an
einem bis zu 15cm hohen Blütenstängel. Ich bin gespannt! Unten die zwei Bilder auf der rechten Seite zeigen die Drosera anglica, den Langblättrigen Sonnentau . Die zwei sehen sich sehr ähnlich. Ich kann nur einen
kleinen Unterschied in der Form der Blätter erkennen: Einmal rund, einmal langblättrig. Die beiden können sich untereinander kreuzen, was eine wiederum andere Blattform hervorbringt. Ob sich das
dann ovalblättrig nennt?
Mückeninvasion!
Als wir, einige Tage später, einen Teil des Weges erneut spazieren, ist es kaum mehr möglich Fotos zu machen. Oder überhaupt länger als ein paar Sekunden stehen zu bleiben, um sich etwas
anzuschauen. Denn durch die "Wärme" der letzten Tage (10-16C°) fand eine Mückenexplosion statt. Sie sind so hartnäckig, und in einer Großzahl vorhanden, dass wir uns von feuchten Gebieten in
näherer Zeit wohl eher fernhalten. Gut also, dass wir für unsere Juni-Safari den Anfang des Monats gewählt haben!
Endlich auch zu Hause wieder Farbe
Beim Nachschlagen und Bestimmen haben mir neben meinem ortskundigen Guide noch Schmeil-Fitschen* und Den nya nordiska floran* geholfen.
Text und Fotos: Rike Jütte
Danke fürs Lesen!
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